Vivianne Crowley
Wicca - Die Alte Religion im neuen Zeitalter
1988, Zweitauflage 2004 / Edition Ananael / EUR 28,00 / ISBN: 3-901-13404-2 / 275 Seiten
Originaltitel: Wicca - The Old Religion in the New Millenium
1989 / Aquarian Press / £ 9,99 / ISBN:
0850307376 / 268 Seiten
2003 / Thorsons / £ 9,99 / ISBN:
0722532717 / 257 Seiten
Re-Release: Wicca -
A Comprehensive Guide to the Old Religion in the Modern World
2003 / Element Books / £ 9,99 / ISBN: 0007169620
/ 272 Seiten


   Über die Autorin

Vivianne Crowley (deren eigentlicher Vorname gar nicht Vivianne ist) ist Hohepriesterin des englischen Aurora Aurea Covens und Begründerin einer eigenen Wicca-Linie. Sie ist irischer Herkunft, wuchs aber in der englischen New Forest Gegend in Hampshire auf. Mit 18 Jahren wurde sie in die Alexandrian Tradition initiiert und 1974 in den Whitecroft Coven von Madge und Arthur Worthington. Sie ist unter anderem auch Psychologin, was ihren Schreibstil besonders beeinflusst. Andere Bücher der Autorin: „Phoenix aus der Flamme – Heidnische Spiritualität in der westlichen Welt“, „Celtic Wisdom“, „The Magical Life – A Wiccan Priestess shares her Secrets“, „Ancient Wisdom“, „Free your Creative Spririt“

Wenn man beginnt, sich mit der Religion Wicca zu beschäftigen, ist es kaum möglich, an bestimmten Büchern vorbei zu kommen. Entweder wird über sie in Foren geschrieben, oder sie tauchen so oft in Internet-Werbungen auf, dass man letztendlich beschließt, das Buch selbst zu lesen.

Dies war auch der Weg, über den ich an dieses Buch kam... 


Bei ihrem Werk „Wicca - Die Alte Religion im neuen Zeitalter“, handelt es sich um ein „Anfängerbuch“, das die Religion aus der Sicht einer Psychologin beschreibt. Crowley erklärt nach und nach, wie sich Wicca auf die Psyche des Praktizierenden auswirkt, wobei sie auch öfter auf C. G. Jungs Werke zurückgreift. Dieses Buch erschien in der Erstauflage 1989. Im deutschen Sprachraum ist die zweite Auflage (2004) über die Edition Ananael erhältlich.


In ihrer Einleitung erklärt uns die Autorin, was Wicca überhaupt ist und beschreibt, weshalb das Neuheidentum gerade eine Renaissance erlebt. Sie erwähnt, wie schwierig es ist, über eine Mysterien-Tradition zu schreiben, ohne im Zuge dessen allzu viel über die „Mysterien“ zu verraten.

Das erste Kapitel handelt von den Wurzeln des modernen Wicca. Die Autorin behandelt Themen wie die mystische Einweihung Gardners, den religiösen Glauben des Neolithikums sowie die Einflüsse fremder Kulturen. Auch die Kelten werden erwähnt, da „viele Ideen des Wicca auf diese zurück gehen“ (S. 17, 2. Aufl.). Gleich darauf nimmt Crwoley den Leser ins alte Ägypten mit, und mit einem Mal befindet er sich mitten in der „klassischen Hexenkunst“. Die Mysterien der Antike werden ebenso erwähnt wie der Aufstieg des Christentums und dessen Folgen. Der Teufel der Christen und die negative Bewertung der Magie, die wachsende Beliebtheit der magischen Orden und die Neubewertung der Hexenkunst finden alle Platz in ihrer „Geschichte des Modernen Wicca“. Sie betont auch, dass Wicca nicht uralt ist, sondern aus alten Quellen zusammen gewürfelt wurde.


Im nächsten Kapitel wird die Erste Initiation behandelt. Vivianne beschreibt, welche Einflüsse diese auf den Initianten haben kann und auch, wie die Suche des Selbst eine große Rolle im Wicca-Kult spielt. Später skizziert sie eine solche Initiation, in dem sie ihre persönliche Vorstellung darstellt. Besonders geht die Autorin auf den psychologischen und magischen Wert einer Initiation in einen Coven ein. Sie schreibt unter anderem:

"Jeder Coven besitzt seinen eigenen Gruppengeist und die Initiationszeremonie ist darauf ausgerichtet, den neuen Kandidaten oder die neue Kandidatin mit diesem Gruppengeist zu verbinden." (S. 41, 2. Aufl.)

Auch erwähnt sie die sogenannte "Selbstinitiation" - doch merkt der Leser ihren Standpunkt dazu an folgendem Satz:
"Da die Praxis des Wicca spirituelle und psychologische Veränderungen im Ausübenden bewirkt, kann Selbstinitiation mit der eigenständigen Entfernung des Blinddarms verglichen werden, ein letzter Ausweg, der nötig sein könnte, wenn man sich allein in der Wildnis Australiens befindet, hunderte Kilometer vom nächsten Arzt entfernt, und von den heftigsten Beschwerden geplagt wird." (S. 41, 2. Aufl.)


In ihrem nächsten Kapitel, „Der Kreis des Seins“, erklärt sie den magischen Kreis und dessen Zweck in Wicca. Sie erwähnt die Wachtürme und geht dann in eine generelle Ausführung des Kreis-Ziehens über. Als Grund für den Nutzen eines Kreises in Wicca greift Crowley (leider ) wieder auf Jungs Theorien zurück und schreibt:

"Wicca operiert in der Welt der Archetypen. [...] Es gibt aber auch ‚organisierende Archetypen’, in denen die dominanten Archetypen enthalten sind und die so einen Raum bilden, in dem die Kraft der dominanten Archetypen gefahrlos kontaktiert werden kann, ohne dass die Psyche überwältigt wird. " (S. 69, 2. Aufl.)

Dann wird das Thema „Magie“ ausführlich behandelt, wobei sie großen Wert auf die Covenarbeit legt. Hier geht sie auf die Idee des "freien Willens" einer Person ein, die direkt mit der "Wiccan Rede" in Kontakt steht. Auch erklärt sie, wie einige Covens magisches Wissen übermitteln:

„Während manche Covens nach der Initiation ein umfangreiches Trainingsprogramm anbieten, ist dies in anderen Covens nicht der Fall und den neuen Initianten bleibt es selbst überlassen, ihre Magie zu entwickeln.“ (S. 94, 2. Aufl.)

Natürlich darf in einem Kapitel über Magie in einem Wicca-Buch der Spiraltanz nicht fehlen, den sie mit Grafiken und Worten hervorragend erklärt. Sie definiert auch, wie die Energie oder "Kraft", die durch das Tanzen entsteht, benutzt wird und geht erneut auf den Gruppengeist ein. Die Autorin beschreibt, wie ein solcher funktioniert und welchen Zweck er hat. 

Das Grundprinzip der Magie, die magische Realität sowie die Entwicklung magischer Fähigkeiten werden genauso beschrieben wie das Erkennen und Ausgleichen psycho-magischer Funktionen.


Als nächstes geht Crowley auf die Invokation des Göttlichen ein, wo sie erneut die Faktoren, und Auswirkungen im Detail erklärt. Sie schreibt zum Beispiel:

"Im Wicca bringen wir das Individuum mit dem göttlichen Teil seiner Psyche durch Invokation in Kontakt. Die Invokation findet nur innerhalb des Kreises statt und beruht auf einer Methode, die der in der Magie als ‚Annahme der Gottform’ bekannten Technik ähnlich ist." (S. 120, 2. Aufl.)

Auch hier zitiert sie Jung. Und wie immer beschreibt sie einen möglichen Ablauf einer Inovkation. Natürlich erklärt sie ihre Meinung über die "Offenbarung", um den Leser gleich darauf mit dem „Göttlichen“ der eigenen Psyche zu konfrontieren. 

Anschließend behandelt sie das Göttliche im Allgemeinen, um dann auf das weibliche und männliche Prinzip einzugehen. Sie erklärt speziell, was im Kopf einer weiblichen Hexe vor sich geht. Sowohl die Göttin, welche sie erstklassig in all ihren drei Aspekten darstellt, und auch der Gott, den sie als dualen König präsentiert (bei den beiden scheint es sich für die Autorin nur um Archetypen zu handeln) werden im Detail erklärt - wobei unter "Detail" eine psychologische Prägung zu verstehen ist. 


Sobald sie die "Großen Archetypen" hinter sich hat, bringt sie dem Leser die zweite und dritte Initiation näher, beschreibt, wie diese beispielsweise aussehen könnten und was sich dahinter verbirgt. Sie schildert erneut ein solches Ritual und geht auf die psychologischen Gefahren ein, die diese Riten mit sich bringen können. 

Folgendes fand ich persönlich äußerst interessant:
„In einem anderem Sinn ist die Begegnung des zweiten Grades ein Zusammentreffen zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen, wobei in der Legende der Göttin, deren Aufführung ein Schlüsselmerkmal des Rituals ist, das Männliche als das Böse und das Weibliche als das Gute dargestellt wird.“ (S. 170, 2. Aufl.)

Sie verrät dem Leser die "geheimen" Symbole der Rituale (darf sie das überhaupt?) und lässt ihn ein wenig in die "Arbeit des Zweiten und Dritten Grades" schnuppern, was für mich besonders lesenswert war.

Ehe man sich versieht, wirft Vivianne einen Blick in ihre Kristallkugel und philosophiert über die Zukunft des modernen Hexenkults.


Fazit:
Im Großen und Ganzen ist dieses Buch für einen Anfänger vielleicht nicht das Beste. Allzu oft greift Crowley auf Jungs Archetypen-Theorie zurück, welche meiner Meinung nach nicht viel im Wicca-Kult zu suchen hat. Und irgendwie ist dieses Werk eher etwas für Psychologie-Studenten, die sich in der Religions-Psychologie spezialisieren. Jene, die nicht so akademisch ans Thema herangehen wollen, sind bei Scott Cunninghams Büchern auf jeden Fall besser aufgehoben. Wenn man jedoch auch wissen möchte, welche Auswirkungen Wicca auf die Psyche der Hexe hat, wird man merken, dass dieses Buch ein toller Anfang ist, da Vivianne Crowley darüber bestens Bescheid weiß. Nützliche Informationen zur Praxis bietet dieses Buch allerdings nicht. 
Obwohl die Autorin unter dem traditionellem Eid steht, kommt es dem Leser des Öfteren vor, als würde sie sich nicht daran halten. Dies begründet sie damit, dass in anderen Bücher schon darüber geschrieben wurde. 
Auch wenn „Wicca“ nicht zu den besten "Newbie-Books" zählt, ist es dennoch interessant, den psychologischen Blickwinkel der Hohepriesterin Crowley kennen zu lernen. Persönlich fand ich das Buch nicht besonders berauschend. Sie raubt den Göttern in diesem Werk ihren Geist und degradiert sie zu Hirngespinsten psychotischer Hexen. 
Lest das Buch doch einmal selbst - vielleicht findet ihr es besser als ich!